Schlaflosigkeit ...
Vorletzte Nacht hab ich geträumt, dass meine Arbeitskollegin und gute Freundin u. ich uns gestritten haben. Nicht ein Streit. Nein - wir haben uns über Tage und Wochen gegenseitig total fertig gemacht mit Worten. So richtig bissige, sarkastische Worte, die weh tun. Der Traum war ziemlich real - und ich hasse Träume, wo ich dann aufwache und fertig bin weil ich im Traum so mitgelebt habe. Da wache ich mit einem ganz, ganz eigenartigem Gefühl auf.
Oder letzte Nacht. Da hab ich den Tod meiner Oma so was von echt wieder durchlebt im Traum. Beinahe so, wie es wirklich war.
Meine Oma war nie wirklich krank. Ich mein "normal" krank für eine alte Frau. Und dann ganz plötzlich - ist sie zusammengebrochen. Ich weiß noch, dass ich Sonntag unterwegs war zu meinen Eltern, weil sich die ganze Familie dort zum Essen treffen wollte. Ich hab mich sooo auf meine Oma gefreut. Sie hätte zum ersten Mal meinen Froschi gesehen und kennengelernt. Und wie wir mit meinem Auto in die Gasse einbiegen, sehe ich meine Schwester auf der Straße stehen - total fertig u. ein Nervenbündel. Dieses Gefühl, das man hat, wenn man auf die Rettung wartet u. die eigenen Oma da liegen sieht, ist unbeschreiblich.
Und dann die darauffolgenden 3 Wochen, wo wir sie täglich, ja manchmal sogar 2x täglich besucht haben. Dieses ständige auf u. ab ihres Zustands. Ihre Blicke, wie sie versucht zu reden, es aber nicht schafft. Du siehst wie sie dir etw. sagen möchte, es versucht, es nicht schafft und dann mit Scham resigniert. Wie sie einen Tag lang kämpft - den anderen sich wieder total gehen lässt. Dir nicht einmal in die Augen sieht wenn du kommst sondern nur an dir vorbeistiert weil sie deinen Blick nicht ertragen kann.
Und meine Schuldgefühle. Weil ich 2 Monate lang keine Zeit gefunden habe sie zu besuchen. Nur mit ihr telefoniert habe. Und dann das! Diese Schuldgefühle lassen mich bis heute nicht los. Sie werden mich nie loslassen.
Jedenfalls habe ich genau diesen Zustand heute Nacht im Traum durchlebt - ich will gar nicht sagen, in welchem Gefühlszustand ich mich heute befinde.
Und gestern hab ich mit meinem Schwager gesprochen. Dem geht's im Moment auch total scheiße. Wegen allem. Und mehr als mit ihm reden und für ihn dasein kann ich nicht. Aber es macht mich fertig Menschen, die ich liebe, leiden zu sehen.
Es macht mich seelisch einfach nur kaputt. Ich schaff es zwar mir nach außen nichts anmerken zu lassen, zumindest den meisten Menschen gegenüber. Aber ganz tief drinnen in mir arbeitet es. Die Gedanken drehen sich im Sekundentakt im Kreis. Lassen mich nicht los. Verstärken meine Schuldgefühle. Verstärken meine Traurigkeit. Lassen mich beinahe resignieren. Aber ich weiß ich bin stark. Ich weiß ich werd es schaffen. Wie immer. Wie immer werd ich es irgendwie schaffen. Luder würde es Brainfucking nennen .....
Schein und Wirklichkeit
In Mittagsglut, auf des Gebirges Grat
Schlief unter alten Fichten müd ich ein;
Ich schlief und träumte bis zum Abendschein
Von leerem Hoffen und verlorner Tat.
Schlaftrunken und verwirrt erwacht ich spat:
Gerötet war ringsum Gebüsch und Stein,
Des Hochgebirges Eishaupt und Gebein,
Der Horizont ein sprühend Feuerrad.
Und rascher fühlt ich meine Pulse gehen,
Ich hielt die Glut für lichtes Morgenrot,
Erharrend nun der Sonne Auferstehen.
Doch Berg um Berg versank in Schlaf und Tod,
Die Nacht stieg auf mit frostig rauhem Wehen
Und mit dem Mond des Herzens alte Not.
So manchmal werd ich irre an der Stunde,
An Tag und Jahr, ach, an der ganzen Zeit;
Es gärt und tost, doch mitten auf dem Grunde
Ist es so still, so kalt, so zugeschneit!
Habt ihr euch auf ein neues Jahr gefreut,
Die Zukunft preisend mit beredtem Munde?
Es rollt heran und schleudert, o wie weit!
Euch rückwärts. - Ihr versinkt im alten Schlunde.
Doch kann ich nie die Hoffnung ganz verlieren,
Sind auch noch viele Nächte zu durchträumen,
Zu schlafen, zu durchwachen, zu durchfrieren!
So wahr erzürnte Wasser müssen schäumen,
Muß, ob der tiefsten Nacht, Tag triumphieren,
Und sieh: schon bricht es rot aus Wolkensäumen!
Gottfried Keller